Reduzierte Kontakte, ausgefallene Ausbildungsmessen, abgesagte Praktika – Berufsorientierung und Ausbildungsplatzsuche sind seit der Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung.
Von Brigitte Bonder
Bereits vor der Pandemie war die Zahl von Angebot und Nachfrage bei Ausbildungsplätzen teils rückläufig. Durch die Corona-Beschränkungen wurde die Kontaktaufnahme zwischen Betrieben und Auszubildenden noch zusätzlich erschwert. Übliche Wege wie Azubi-Börsen, Schnuppertage und Bewerbungsgespräche vor Ort waren nicht möglich. „Die coronabedingten Einschränkungen haben die Berufsorientierung in den vergangenen zwei Jahren erschwert und hatten damit Auswirkungen auf Berufsberatung und Ausbildungsplatzsuche“, sagt auch Robert Schweizog, Geschäftsführer Bildung der Industrie- und Handelskammer NRW. „Da viele Ausbildungsmessen, Berufsorientierungsangebote und Schülerbetriebspraktika nicht in Präsenz angeboten werden konnten, sind Unternehmen, Kammern und Arbeitsagenturen kreativ geworden und haben neue Formate entwickelt.“
DIGITALE ANGEBOTE SIND GUTE ERGÄNZUNG
Viele Angebote wurden in den digitalen Raum verlegt, wie Ausbildungsbotschafter-Einsätze, virtuelle Azubi-Speed-Datings, Virtual-Reality-Ausbildungsmessen oder Ausbildungsberatungen per Telefon oder Video-Chat. „Mittlerweile finden immer mehr Angebote auch wieder in Präsenz statt“, betont Schweizog. Digitale Formate haben in der Pandemie geholfen und sind ergänzende Möglichkeiten für die Zukunft. „Den persönlichen Kontakt konnten sie jedoch nicht ersetzen.“
Erste Ausbildungsmessen konnten bereits wieder vor Ort stattfinden, die IHKs der Region planen ebenso wie die Handwerkskammern viele weitere Aktionen. So wird die Handwerkskammer Düsseldorf erstmals mit einem eigenen „Ausbildungsmobil“ viele Schulen in ihrem Bezirk ansteuern und einen Pop-up-Store mit Informationen rund um die Ausbildung in einem Düsseldorfer Shopping-Center eröffnen. Und wer schon weiß, welcher Ausbildungsberuf es sein soll, findet bei der IHK-Lehrstellenbörse noch rund 16.000 freie Ausbildungsplätze allein in Nordrhein-Westfalen.
LUST AUF PRAKTISCHE ARBEIT
Zwei Pandemiejahre haben Spuren hinterlassen, Betriebe und Jugendliche müssen erst wieder lernen, den direkten Kontakt bewusst zu suchen. Nach Monaten des Homeschoolings scheint bei vielen Jugendlichen der Wunsch nach praktischen Tätigkeiten und konkreten Erfahrungen gewachsen. „Auch die Betriebe, die anfangs sehr vorsichtig waren und Praktika unter Corona-Bedingungen nur schwer durchführen konnten, haben sich inzwischen auf die veränderte Situation eingestellt“, erklärt Christian Henke, Geschäftsführer Berufsbildung der Handwerkskammer Düsseldorf. „Selbst Auslandspraktika für Azubis finden – wenn auch in geringerem Umfang – wieder statt.“
Mit verstärkten Anstrengungen ist es bereits im vergangenen Jahr gelungen, den starken Rückgang bei neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen zum ersten Corona-Jahr 2020 wieder wettzumachen. So konnte beispielsweise im Bezirk der Handwerkskammer Düsseldorf zum 31. Dezember 2021 ein deutlicher Anstieg von 7,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet werden. Das Handwerk hat sich damit auf dem Ausbildungsmarkt deutlich besser als andere Wirtschaftsbereiche behauptet und ist erneut Zugpferd der dualen beruflichen Ausbildung. In den örtlichen Arbeitsagenturen haben die Berater ebenfalls eine Verunsicherung bei den Jugendlichen festgestellt. Martin Franken, Teamleiter im gemeinsamen Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit und des Jobcenters Düsseldorf, kann jedoch beruhigen. „Die Unternehmen bieten wieder vermehrt Ausbildungsstellen in fast allen Bereichen an“, sagt der Experte. „Der Fachkräftebedarf spielt den angehenden Azubis dabei in die Karten. Die Entwicklungs- und Karrierechancen werden immer besser, nicht schlechter.“
JEDER SCHULABSCHLUSS BIETET CHANCEN
Martin Franken weist darauf hin, dass für gute Aufstiegschancen nicht unbedingt ein Abitur oder eine Fachhochschulreife nötig ist, auch für Absolventen mit Haupt- oder Realschulabschluss bieten sich hervorragende Möglichkeiten. „Die Berufsberaterinnen und Berufsberater der Arbeitsagenturen unterstützen dabei, die besten Chancen für den eigenen beruflichen Weg zu finden“, betont Franken. „Sie kennen die Situation auf dem Ausbildungsmarkt und gleichen zusammen mit den Schülerinnen und Schülern die Interessen und Fähigkeiten mit den Anforderungen der Berufe ab.“ Steht der Zielberuf fest, vermitteln sie in konkrete Ausbildungsstellen