Laut einer Umfrage haben 19 Prozent der Befragten schon einmal künstliche Intelligenz für ein Bewerbungsschreiben zur Hilfe genommen. Aber ist das überhaupt okay?
Sehr geehrte Damen und Herren, mit großem Interesse habe ich auf Ihrer Webseite erfahren, dass Sie Auszubildende suchen. Wer ChatGPT nach einem Anschreiben für die Bewerbung fragt, bekommt eine klare Antwort. Die klingt im ersten Satz meistens gleich – ist aber trotzdem ziemlich nützlich, wenn es um die Bewerbungsunterlagen geht. Wer zum Beispiel in das Textfeld den Befehl eingibt: „Schreibe ein Bewerbungsschreiben für die Ausbildung zum Elektriker“, der erhält einen ausführlichen Brief von der KI. Wer die Software sogar noch mit weiteren Informationen füttert, bekommt auch einen Brief, in dem die persönlichen Informationen verarbeitet sind.
„Personalverantwortliche brauchen authentische Informationen.“
Raimar Nuca, Berufsberater
Aber wieviel ChatGPT ist erlaubt in der Bewerbung? „Die Bewerberinnen und Bewerber können ChatGPT für das Erstellen des Anschreibens als Unterstützung einsetzen“, heißt es etwa bei der Industrie- und Handelskammer (IHK). Das sei aber nur ein erster Schritt, eine Art Hilfestellung. Ihr Anschreiben sollten Bewerber grundsätzlich individuell erstellen und sich ganz authentisch präsentieren. „Denn die Unternehmen kennen die Formulierungen, die ChatGPT vorschlägt. Vieles wirkt eher floskelhaft“, so die IHK. Deswegen empfehlen die Fachleute: Individuelle Interessen und Stärken, die zur Stelle passen, sollten nicht nur genannt, sondern glaubhaft nachgewiesen werden – mit absolvierten Praktika oder Hobbys.
Was mich an der Ausbildung interessiert
Diese Erfahrung hat auch Raimar Nuca, Berufsberater der Agentur für Arbeit in Düsseldorf, gemacht: „Ich habe schon Bewerbungen von ChatGPT gesehen, mit der sich meine Bewerber um Kopf und Kragen geschrieben haben“, erzählt er. Es seien Abkürzungen im Anschreiben aufgetaucht, die der Bewerber gar nicht erklären konnte. „Personalverantwortliche brauchen authentische Informationen“, sagt auch Nuca. Jede Bewerbung sollte passgenau für die Ausbildungsstelle sein. Das Anschreiben ist nämlich längst nicht in jeder Branche gleich wichtig. „Es bietet aber immer die Chance, sich interessiert zu präsentieren“, sagt der Berufsberater. Auch dann, wenn der Lebenslauf oder die Noten nicht so überzeugend seien, biete das Anschreiben die Chance, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Als Formulierungshilfe könne künstliche Intelligenz (KI) dabei nützlich sein. Raimar Nuca empfiehlt trotzdem eher die persönliche Berufsberatung als ChatGPT für die Unterstützung bei den Unterlagen.
Vorsicht vor Fehlern und Floskeln
Wer Kl trotzdem nutzt, sollte das Anschreiben dringend Korrektur lesen: Denn immer mal wieder irrt sich der digitale Helfer, verwendet veraltete Informationen, hält Grammatikregeln nicht ein oder setzt ein falsches Komma. Auch Floskeln sollten bei dieser Gelegenheit lieber ersetzt werden. Etwa indem man sich folgende Fragen stellt und beantwortet: Warum interessiere ich mich für den Beruf? Welche Erfahrungen habe ich schon gemacht? Welche Hobbys sprechen für mein Interesse? Welche Charaktereigenschaften bringe ich für die Stelle mit? Und was gefällt mir an dem Unternehmen?
Je begeisterter und authentischer man sich gibt, desto eher können die Personaler einen schon im Bewerbungsschreiben kennenlernen. Und wenn es dann zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch kommt, ist spätestens hier der eigene Einsatz gefragt, bei dem dann auch KI nicht mehr helfen kann.
Von Theresa Demski