Für eine Bewerbung reicht ein aussagekräftiger Lebenslauf, viele Unternehmen erwarten kein Anschreiben mehr, weil künstliche Intelligenz mitspielt.

Dieser erste Satz ist längst ein No-go: „Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit bewerbe ich mich um die Ausbildungsstelle in Ihrem Betrieb.“ Was braucht also eine Bewerbung, um die erste Runde zu überstehen?

Tanja Herrmann-Hurtzig arbeitete mehr als 30 Jahre im Personalmanagement, zuletzt als Personalleiterin. Heute ist sie selbstständige Karrierecoachin. „Bewerbungsunterlagen müssen aussagekräftig sein. Und ich habe häufig Bewerbungen abgelehnt, weil sie einfach nicht aussagekräftig waren“, sagt sie. Allerdings: „Viele Betriebe fordern kein Anschreiben mehr“, weiß die Fachfrau. Das gilt auch für Ausbildungsstellen. Der Grund ist ganz einfach: Viele Unternehmen erhalten ohnehin nur noch wenig Bewerbungen. Also wollen sie es den potenziellen Azubis so leicht wie möglich machen, sich zu melden.

Sich selbst befragen

Es gibt noch einen zweiten Grund dafür, dass immer seltener Anschreiben gefordert werden: Es steht ohnehin immer dasselbe im Brief – ähnliche Satzbausteine, wenig Persönliches. „Ich finde Anschreiben allerdings super“, sagt die ehemalige Personalleiterin, „wenn sie gut gemacht sind.“ Dann können Bewerber mit einem Anschreiben den Unterschied machen. „Macht Euch Gedanken, überlegt Euch etwas, gebt Euch Mühe“, sagt Tanja Herrmann-Hurtzig. Warum möchte ich in einem Betrieb meine Ausbildung machen? Was gefällt mir an dem Unternehmen? Und wer bin ich? Wer sich diese Fragen stellt und im Anschreiben beantwortet, „fällt auf“, so die Expertin.

“Es ist wichtig, bestimmte Schlagwörter zu setzen, um von den Matching-Tools der künstlichen Intelligenz erkannt zu werden.”, Tanja Herrmann-Hurtzig, Karrierecoachin

Wer aber doch lieber auf das Anschreiben verzichten möchte, muss die Akzente umso deutlicher im Lebenslauf setzen. Auch dabei gilt: Zeigt, wer Ihr seid. Und: Denkt an KI! Sie unterstützt Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren immer häufiger. „Es ist wichtig, bestimmte Schlagwörter zu setzen, um von den Matching-Tools der künstlichen Intelligenz erkannt zu werden“, sagt Herrmann-Hurtzig. Wer sich für eine Lehre in der Autowerkstatt bewirbt, sollte andere Schlagwörter platzieren, als ein Bewerber, der in einer kaufmännischen Ausbildung landen will.

An alles denken

Grundsätzlich gilt: Der Lebenslauf sollte immer mit den aktuellsten Daten beginnen. Auch praktische Erfahrungen können an den Anfang gesetzt werden. Je nachdem, was einem Bewerber in der eigenen Geschichte am Wichtigsten ist. „Viele junge Bewerber vergessen in diesem Moment, was sie schon alles gemacht haben“, sagt die Karrierecoachin aus Langenfeld. Dann findet sich nur der Hinweis auf die Schule im Lebenslauf. Aber die Stunden auf dem Fußballplatz, die Nachhilfe für jüngere Schüler, das Training in der Ballettschule, das Ehrenamt, die Stunden mit dem Schraubenzieher unter der Motorhaube: Erst mit diesen Informationen wird ein Lebenslauf persönlich – und aussagekräftig. „Wenn ich als Personaler erkenne, dass ein Bewerber begeistert von einem Thema ist, kann ich erahnen, wer sich da eigentlich bewirbt und ob derjenige womöglich zu mir passt“, sagt Tanja Herrmann-Hurtzig.Sie empfiehlt: Bewerber sollten in einem ersten Schritt einen Lebenslauf mit allen Informationen zusammenstellen, die sie zu bieten haben. Je nach Betrieb kann er dann gekürzt und angepasst werden. „Ich habe noch nie erlebt, dass ein Lebenslauf zu lang ist“, sagt Hermann-Hurtzig. „Meistens sind sie eher zu kurz.“ Ganz oft werden in Lebensläufen übrigens die Kontaktdaten vergessen. Die sollten am besten gleich am Anfang stehen, damit ein Personalleiter sie immer sofort findet.

Theresa Demski