Erfolge feiern – im Sport und im Beruf

Erfolge feiern – im Sport und im Beruf

Junge Leistungssportler widmen dem Sport ihre geballte Aufmerksamkeit und Kraft. Doch Fußballer mal außen vor – der Verdienst selbst als Spitzensportler reicht meist nicht aus für die Zeit nach der aktiven Karriere, oft nicht einmal währenddessen. Eine berufliche Ausbildung ist also nötig.

Von Selina Weegen

Ihr Fokus liegt auf Training und Wettkämpfen. Viel Freizeit bleibt dabei nicht. Leistungssport und einen Beruf miteinander zu kombinieren, ist zeitlich und psychisch eine Herausforderung. Trotzdem ist eine Doppelkarriere möglich und sinnvoll, sagt René Paasch, Sportpsychologe aus Gelsenkirchen. „Es ist wichtig, eine Alternative zum Sport zu haben“, erklärt er. Es gibt Universitäten, Hochschulen und Ausbildungsbetriebe, die eine Kombination von beruflicher Entwicklung und Sportkarriere möglich machen.

THOMAS LURZ: EIN GUTES BEISPIEL

Thomas Lurz hat als Olympiamedaillengewinner und mehrfacher Weltmeister im Freiwasserschwimmen den erfolgreichen Einstieg in die Berufswelt geschafft. Er ist HR Direktor bei s.Oliver, das heißt, als Personalverantwortlicher im Unternehmen tätig, und hat zwei Studienabschlüsse, den Master of Business Administration (MBA) und in Pädagogik. „Ich wollte mir selbst beweisen, dass ich neben dem Sport etwas kann“, sagt er. In den letzten zwei Jahren seiner Sportler-Laufbahn war er bereits beruflich tätig. Mit 35 Jahren hat er altersbedingt mit seiner Schwimmkarriere aufgehört. „Ich hatte Respekt. Ich habe mich immer auf den Sport fokussiert, bis absehbar war, dass ich aufhöre. Bis zu einem gewissen Grad kann man nicht beides mit seinen Erfolgskriterien machen. Ich hatte die Möglichkeit, im Beruf zuzugreifen, und habe sie genutzt“, sagt er. 2015 hat Thomas Lurz seine Karriere im Sport beendet und ist bei seinem Arbeitgeber nun selbst für die Personalentwicklung zuständig.

HÖHER, SCHNELLER, WEITER

Generell gilt: Sich früh mit dem beruflichen Weg zu beschäftigen, ist von Vorteil. Eine gute Ausbildung unabhängig vom Sport ist im Berufsleben wichtig, um Fachwissen mitzubringen. Durch das selbstständige Akquirieren von Sponsoren wird ein Netzwerk aufgebaut, das den Zugang ins Berufliche erleichtern kann. Unternehmen und Ausbildungsbetriebe
sind mögliche Sponsoren und können ihren Mitarbeiter auch bei seinem Sport unterstützen. Die Chancen für Leistungssportler auf dem Arbeitsmarkt stehen sehr gut. „Wir haben eine dynamische Wirtschaft. Die Größeren und Schnelleren bleiben am Ende des Tages bestehen – mit Erfolg“, sagt René Paasch. Leistungssportler arbeiten dauerhaft an ihrer Leistungsfähigkeit. Das tun auch Unternehmen. Denn wie auch im Sport gilt in der Wirtschaft die Devise: höher, schneller, weiter.

SPORTLER BRINGEN WICHTIGE EIGENSCHAFTEN MIT

Thomas Lurz hat durch das Schwimmen vor allem Durchsetzungsvermögen, Zielorientierung und Ausdauer gelernt. „Auch Disziplin, Ehrgeiz und Zielstrebigkeit sind Eigenschaften, die, wie im Sport, auch im Beruflichen wichtig sind“, sagt er. Sportler sollten sich fragen: Worin bin ich gut? Und vor allem: Was kann ich aufgrund meiner Erfahrung mit dem Sport und wo kann ich das am besten transferieren? Leistungssportler zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie ein klares Ziel haben. Sie hören nicht auf, bis sie dieses Ziel umsetzen. Sein heutiger Arbeitgeber könne von seiner Zielorientierung profitieren, sagt Thomas Lurz. Als Personalverantwortlicher habe er Mitarbeiter gesucht, die einen Mehrwert ins Unternehmen mitbringen. „Ich habe sie da positioniert, wo sie sich wohlfühlen“, erzählt er. Sportlern sollte man Freiraum und Vertrauen schenken. Sie wissen sowohl mit Erfolg als auch mit Niederlagen umzugehen. Leistungssportler sollten im Beruf hinsichtlich ihrer Stärken gefördert werden, meint auch Sportpsychologe René Paasch. Sie wissen mit Druck umzugehen. Sie sind es gewohnt, unter Stress und Erwartungen zu arbeiten. „Trotzdem müssen Sportler auch in der Berufswelt wieder trainieren, um erfolgreich zu sein“, sagt Thomas Lurz.

DOPPELBELASTUNG IST EINE HERAUSFORDERUNG

Der Sportler ist natürlich in erster Linie ein Mensch wie jeder andere im Betrieb. Deshalb ist es wichtig, eine Gegenwelt zu schaffen, wie Freunde, Familie und Freizeit. Die mentale Gesundheit eines Sportlers spielt eine wichtige Rolle. Schule und Sport zusammen auf einem hohen Level zu absolvieren, ist schwer. Sportler brauchen Pausen. „Es gab Zeiten, da wusste ich nicht weiter. Ich habe an mir gezweifelt“, sagt Lurz und ergänzt: „Die Doppelbelastung ist nicht ohne.“ Sportlern fehlen oft die Praxiserfahrungen im Berufsleben.
Praktika und Minijobs sind neben Training und Reisen zu Wettkämpfen schwer umsetzbar. Ein strukturiertes Vorgehen ist nötig, um sich zu organisieren. Ausprobieren und
erst einmal einsteigen, rät Paasch jungen Leistungssportlern. Was bedeutet ein Studium? Was bedeutet eine Doppelbelastung? „Man sollte sich selber kennenlernen. Danach kann man entscheiden: Kann ich das oder nicht“, betont er. Wer sich nur auf den Sport fokussiert, kann das tun. Aber man muss sich im Klaren sein, dass der berufliche Erfolg dadurch erschwert wird. „Ich fände es schön, wenn sich Unternehmen und Ausbildungsbetriebe oder Unis an die Bedürfnisse der Leistungssportler anpassten. Das würde tolle Möglichkeiten eröffnen“, sagt René Paasch. „Wenn Sportler eine Grundausbildung besitzen und die Eigenschaften, die sie im Sport erlernt haben, auch im Beruf umsetzten, dann haben sie gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Thomas Lurz. René Paasch betont, wie wichtig es ist, dass die Sportler von sich aus sagen: Ja, ich möchte diesen Weg gehen. „Wenn sie das wollen, dann schaffen sie das auch.“