Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Was ein Azubi darf und was nicht, was zu seinen Aufgaben gehört und was nicht, ist gesetzlich geregelt. Azubi NRW fasst die wichtigsten Rechte und Pflichten für dich zusammen.
Welche Rechte und Pflichten haben Azubis?
Angemessene Vergütung
Eines der wichtigsten Rechte des Auszubildenden ist, dass er eine angemessene Ausbildungsvergütung erhält. Die Vergütung muss auch in der Zeit weitergezahlt werden, in der der Azubi in der Berufsschule ist oder an überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen teilnimmt.
Ausbildungsmittel
Azubis haben ein Recht darauf, die Ausbildungsmittel – insbesondere Werkzeuge und Werkstoffe – kostenlos von der Ausbildungsstelle zur Verfügung gestellt zu bekommen, gegebenenfalls auch eine Sicherheitsausrüstung. Dies gilt auch für Zwischen- und Abschlussprüfungen.
Ausbildungsziel
Der Azubi muss keine Arbeiten verrichten, die nichts mit der Ausbildung zu tun haben – dazu gehören Kaffeekochen, private Besorgungen für den Chef erledigen oder das Reinigen der Toilette.
Auslandseinsatz
Seit 2005 ist es möglich, dass der Azubi einen Teil seiner Ausbildung im Ausland absolviert, zum Beispiel in einem ausländischen Tochterunternehmen. Gegebenenfalls sollte dieser Punkt auch im Ausbildungsvertrag festgehalten sein.
Freistellung
Dass der Azubi für seinen Berufsschulunterricht oder alle vorgeschriebenen Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte von der Arbeit freigestellt wird, ist eigentlich selbstverständlich und daher ein Grundrecht. Dies gilt ebenso für schulische Aktivitäten außerhalb der Unterrichtszeit, beispielsweise für Betriebsbesichtigungen.
Kündigungsrecht
Azubis haben ein spezielles Kündigungsrecht. Sie können das Ausbildungsverhältnis mit einer vierwöchigen Frist jederzeit beenden.
Zeugnis
Nach dem Berufsausbildungsgesetz (BBiG) muss dem Azubi am Ende der Ausbildung zumindest ein einfaches Zeugnis ausgehändigt werden – es gleicht eher einer Bescheinigung. Auf sein Verlangen hin muss ihm aber auch ein qualifiziertes Zeugnis ausgestellt werden. Dies bedeutet, dass auch dein Verhalten im Betrieb und deine Leistung bewertet werden. Die Zeugnissprache folgt eigenen Regeln und Formulierungen. Es geht weniger um persönliche Meinungen als um eine korrekte und wohlwollende Bewertung deiner Leistung. Jeder Auszubildende hat das Recht auf ein formal ordentliches, von Rechtschreibfehlern freies, auf Firmenpapier geschriebenes, sauberes Zeugnis. Es sollte von deinem Ausbildungsbetrieb unterschrieben sein. Bestimmte Informationen haben im Zeugnis nichts zu suchen, zum Beispiel Krankheitszeiten, Kündigungsgründe, Straftaten, Abmahnungen oder private Angelegenheiten (z. B. welcher Partei man angehört).
Vertretung
Unter bestimmten Voraussetzungen muss der Ausbildungsbetrieb eine Jugend- und Auszubildendenvertretung bilden, die die Interessen der Jugendlichen vertritt.
Anweisungen
Den Anweisungen des Ausbilders im Rahmen der Berufsausbildung ist Folge zu leisten. Die weisungsberechtigten Personen sollten dir zu Beginn der Ausbildung vorgestellt werden.
Betriebsordnung
Die Auszubildenden haben die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten. Diese kann zum Beispiel ein Rauchverbot beinhalten, ebenso das Verbot langer Haare oder das Gebot, Schutzkleidung zu tragen. Auch das Betreten bestimmter Räume kann durch Vorschriften geregelt sein.
Bewahrungspflicht
Werkzeuge, Maschinen und sonstige Einrichtungsgegenstände haben Azubis nach dem BBiG pfleglich zu behandeln. Das gilt auch für Werkzeuge und Werkstoffe, die der Azubi für Zwischen- und Abschlussprüfungen kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt.
Krankmeldung
Wenn ein Azubi nicht zu seiner Arbeit erscheinen kann, muss er dies unverzüglich mitteilen. Bei einer Krankmeldung muss er außerdem eine ärztliche Bescheinigung vorlegen.
Lernpflicht
Zu den allgemeinen Pflichten des Azubis gehört die Lernpflicht. Das bedeutet, dass sich der Auszubildende darum bemühen muss, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen.
Schweigepflicht
Azubis sind nach dem BBiG verpflichtet, über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt insbesondere gegenüber Konkurrenzbetrieben.
Sorgfaltspflicht
Die Sorgfaltspflicht schreibt vor, dass alle Tätigkeiten im Betrieb und in der Berufsschule immer ordentlich und zuverlässig erfüllt werden müssen, dazu gehört auch das Führen eines Berichtsheftes (Ausbildungsnachweis).
Teilnahmepflicht
Azubis müssen an den Ausbildungsmaßnahmen, für die sie freigestellt werden, teilnehmen. Dazu zählt zum Beispiel auch der Besuch der Berufsschule. Die Azubis sind zudem verpflichtet, das Berufsschulzeugnis ihren Ausbildern im Betrieb vorzulegen.
Wie lange müssen Auszubildende arbeiten?
Die tägliche bzw. wöchentliche Arbeitszeit ist unterschiedlich geregelt.
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Ist der Azubi noch nicht volljährig, also unter 18 Jahren, greift das Jugendarbeitsschutzgesetz. Er darf höchstens acht Stunden am Tag, fünf Tage und 40 Stunden pro Woche arbeiten – und das nur in der Zeit zwischen 6 und 20 Uhr. Samstags, sonntags und feiertags ist die Beschäftigung in der Regel nicht erlaubt. Eine Ausnahme bilden zum Beispiel das Gastgewerbe und die Hotellerie. An einzelnen Tagen dürfen minderjährige Azubis auch 8,5 Tage arbeiten. Die Mehrarbeit ist jedoch in einer bestimmten Frist wieder auszugleichen.
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Für volljährige Azubis gilt das Erwachsenenrecht. Sie dürfen bis zu acht Stunden, täglich, 48 Stunden wöchentlich und an sechs Tagen in der Woche arbeiten. Sonn- und Feiertage sind in der Regel frei. Volljährige dürfen unter bestimmten Umständen auch bis zu zehn Stunden am Tag und 60 Stunden pro Woche arbeiten.
Wie berechnet sich die Arbeitszeit in der Ausbildung?
Arbeitszeit meint in erster Linie die Anwesenheit des Auszubildenden im Betrieb. Diese ist im Ausbildungsvertrag vermerkt. Angegeben wird die tägliche, oft auch die wöchentliche Arbeitszeit. Pausen gehören nicht dazu, wohl aber die Zeit, die du benötigst, um ein Berichtsheft zu führen. Eingerechnet werden auch Prüfungen, Lehrgänge und Schulungen, die im Rahmen einer überbetrieblichen Ausbildung stattfinden. Der Unterricht in der Berufsschule wird bei volljährigen Azubis vollständig angerechnet. Anders ist es bei Minderjährigen. Bei ihnen gilt: Ein Schultag (mindestens fünf Unterrichtsstunden à 45 Minuten) entspricht einem Acht-Stunden-Arbeitstag. Eine Schulwoche (mindestens 25 Stunden am Tag an fünf Tagen) entspricht einer 40-Stunden-Arbeitswoche.
Wie viele Urlaubstage stehen einem Azubi zu?
Die Anzahl der Urlaubstage ist abhängig vom Alter des Auszubildenden. Die jeweilige Mindestzahl der Urlaubstage regelt für Minderjährige das Jugendarbeitsschutzgesetz, für Volljährige das Bundesurlaubsgesetz. Sie haben den gleichen Urlaubsanspruch wie normale volljährige Arbeitnehmer. Dieser gesetzlich festgeschriebene Urlaubsanspruch darf auf keinen Fall unterschritten oder gekürzt werden. Solltest du mehr Urlaubstage haben als gesetzlich vorgeschrieben sind, dann kannst du davon ausgehen, dass ein Tarifvertrag gilt. In diesem Fall hast du vielleicht auch Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld.
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Mindestens 30 Urlaubstage stehen dir zu, wenn du zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt bist.
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Mindestens 27 Urlaubstage stehen dir zu, wenn du zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt bist.
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Mindestens 25 Urlaubstage stehen dir zu, wenn du zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 18 Jahre alt bist.
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Mindestens 24 Urlaubstage stehen dir zu, wenn du zu Beginn des Kalenderjahres 18 Jahre alt bist (es gilt der Tarifvertrag).
In den meisten Bundesländern haben Azubis außerdem Anspruch auf Bildungsurlaub. In der Regel werden dir dafür fünf Tage im Jahr bewilligt. Bildungsurlaub steht dir zu, wenn du dich nachweislich fortbildest. In jedem Bundesland gelten unterschiedliche Regelungen. Azubis in NRW können die Tage frühestens sechs Monate nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses aufwenden, um sich politisch zu bilden.
Anrecht auf Sonderurlaub hast du bei der Geburt deines Kindes, beim Tod eines nahen Angehörigen oder bei staatsbürgerlichen Pflichten. In Tarifverträgen sind oft noch weitere Gründe aufgeführt, zum Beispiel, wenn du umziehst. Du musst das aber vorher bei deinem Arbeitgeber anmelden, damit du für ein bis zwei Tage bezahlt von der Arbeit freigestellt wirst.
Was passiert, wenn eine Auszubildende während der Ausbildung schwanger wird?
Schwangere stehen laut Mutterschutzgesetz unter einem besonderen Schutz. Das gilt für Beschäftigte wie für Auszubildende. Während der Schwangerschaft und bis zu vier Monate nach der Entbindung darfst du nicht gekündigt werden. Auch nicht während der Probezeit. Außerdem ist dein Arbeitgeber dazu verpflichtet, besondere Vorkehrungen zu treffen, um einen Gesundheitsschutz zu gewährleisten. So sind unter anderem Fließband- und Akkordarbeiten sowie schwere körperliche Tätigkeiten während der Schwangerschaft verboten. In den letzten sechs Wochen der Schwangerschaft und acht Wochen nach der Entbindung bist du als (werdende) Mutter von der Arbeit befreit. In dieser Zeit wird dir Mutterschaftsgeld ausgezahlt. Azubis, deren Kinder krank sind, können bis zu 20 Tage im Jahr freigestellt werden.
Welche Unterstützung steht Auszubildenden mit Kind zu?
Müttern und Vätern, die ihr Kind selbst betreuen, steht Elterngeld zu. Auch Azubis haben ein Anrecht darauf. Sofern du minderjährig und in Ausbildung bist, haben du und dein Kind außerdem Anspruch auf Kindergeld. Bei Eltern, die nicht viel verdienen, kann noch ein Kinderzuschlag in Höhe von bis zu 170 Euro dazukommen. Sofern du alleinerziehend bist, muss der Vater des Kindes Unterhalt für dich und sein Kind zahlen. Tut er das nicht, kannst du einen Unterhaltszuschuss beim Jugendamt beantragen. Junge Mütter, die eine Ausbildung machen, können während der Lehre außerdem einen pauschalen Kinderbetreuungszuschlag zu ihrem Bedarfssatz beantragen.
Hat ein Azubi Recht auf Wohngeld?
Als Azubi steht dir in der Regel kein Wohngeld zu. Das liegt daran, dass du grundsätzlich Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) hast – unabhängig davon, ob du sie beantragst oder nicht. Sollte dein Antrag auf BAB bereits abgelehnt worden sein, weil du oder deine Eltern zu viel verdienen, hast du deshalb aber immer noch keinen Anspruch auf Wohngeld. Du kannst als Azubi nur dann Wohngeld beantragen, wenn dir „dem Grunde nach“ keine BAB zusteht. Das ist der Fall, wenn du entweder bereits eine zweite Ausbildung absolvierst oder einen staatlich nicht anerkannten Beruf erlernst. Außerdem musst du über 18 sein und darfst nicht mehr zu Hause wohnen. Nur dann hast du gute Chancen, Wohngeld zu bekommen. Den Antrag auf Wohngeld musst du bei der Wohngeldstelle der Gemeinde stellen, in der sich deine Wohnung befindet.
Als Azubi in einer schulischen Ausbildung hast du kein Anrecht auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB). Stattdessen kannst du BAföG beantragen. Häufig wird der Antrag abgelehnt, aber dann kannst du einen Antrag auf Wohngeld stellen.